HERBSTZAUBER
Neulich las ich in einer Gartenzeitschrift, dass der Herbst nicht mehr die Zeit der Melancholie und des Absterbens sei, wie so viele Dichter es besungen...
Sondern: Heutzutage werden die Pflanzencenter gestuermt, um bunte Blumen zu kaufen, die den Sommer im Garten zumindest farbig verlaengern und bis in den Dezember hinein bluehen. Auf dem Wochenmarkt gibt es sogar "ICE BABIES", das sind Hornveilchen, die Minusgraden trotzen.
So ist unsere kleine Welt froehlich geworden und zaubert den Herbst herbei, nicht wie frueher, als es den Menschen im Herbst schlecht ging, weil sie keine Kohle hatten und nur die Depressionen oder die Verse bluehten.
Ich selbst habe Kuerbisse angeschafft, die Kraeuter reingestellt und vielen Pflanzen, die schon kalte Fuesse bekommen, eine Wohnung in der Erde gegeben, damit auch die Pflanzen weiter froh sein koennen.
Einen Kohlkopf hat mir meine Nachbarin verkauft, einen Wirsing habe ich schon verkocht, er schwitzte in der Spaetsommersonne...
Im Buch von Peter Wawerzinek, das ich nun dank eines lieben Geschenks mein Eigen nenne, ist es meistens Winter. Das Buch beeindruckt nachhaltig, nur die zwischengeschobenen Zeitungsmeldungen von verhungerten und ermordeten Kindern verstoeren aufs Neue, an die meisten kann man sich ja noch erinnern. W. hat sie wahrscheinlich nach Datum einfach in seine Aufzeichnungen eingefuegt, sie haengen nicht mit der Romanhandlung zusammen.
Er ist jetzt fuer den Deutschen Buchpreis nominiert, wir druecken die Daumen. Wir moegen dieses Buch sehr.