Happy Hausfrauen
Ich kann mir ja helfen (Indirektes Zitat von David Wagner, aber ein wenig gewitzter), aber viele Menschen haben das wahrscheinlich verlernt. So guckte ich neulich aus Versehen Werbung und verfolgte fassungslos das Idealbild einer heutigen Hausfrau, ich nenne sie mal "Happy Hausfrau". Mit einem gluecklichen Dauerlaecheln erledigte sie im Sekundentakt nach irgendeinem komischen Trommelrhythmus das aberwitzigste Arbeitspensum: Muell entsorgen in drei verschiedene Behaelter), Flur wischen, abwaschen, Geschirrspueler fuellen und wieder leeren, Waesche von 7 Personen waschen, Essen kochen, Kinder bedienen und reinigen, nach dem Essen alles wieder aufraeumen, ca. 13 Popos im Akkord abwischen, wonach die Kinder im Garten toben gingen, da bekamen sie ein
KINDER PING (Name verfaelscht, wegen der Schleichwerbung) in den Garten mit.
Da aenderte sich auf einmal der Rhythmus, und - O Wunder - die Supermutti goennte sich AUCH ein KINDER PING, mit dem sie dann auf der Haengematte einen Kurzurlaub machte (5 Min.).
Einen Augenblick spaeter hielten die Kinder froehlich ihre dreckigen Schuhe hoch und warteten, dass die Mutter sich wieder darum kuemmerte, und weiter gings, im alten Rhythmus...
Soweit das Ideal der heutigen Hausfrau und Mutter, immer proper, geschminkt und sauber, erledigt alle Drecksarbeiten in fuenf Minuten mit links und isst dann gutgelaunt ein KINDER PING zum Wiederauftanken.
Das Traurige daran: Die meisten Hausfrauen leben wirklich so, sie sind rundum perfekt, alles ist bei ihnen auf Hochglanz, nur die Pause mit dem KINDER PING stimmt nicht. Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen erledigen sie den ganzen Haushalt alleine, OHNE sich eine kreative Lesepause zu goennen. Sie lesen allenfalls Kreuzwortraetsel oder Briefkastenwerbung, alles muss einen Sinn haben.
Das war vor 100 Jahren, als es noch Hausangestellte gab, ganz anders. Da konnte die Hausfrau repraesentieren, den ganzen Tag im Gartenhaeuschen Briefe schreiben und brauchte nur die Angestellten ein wenig herumzukommandieren bzw. die Menuefolge auszuwaehlen. Sie kuemmerte sich um ihren Mann. Wenn er weg war, ueberbrueckte sie die Zeit mit schoengeistigen Taetigkeiten wie lesen oder musizieren. Fuer alles andere hatte sie ihre Helfer. Sie war zufrieden so, sie war so erzogen, sie war nicht traurig, dass sie nicht studieren durfte. Bestenfalls verwirklichte sie ihre Ideen ueber ihren Mann, der sich dann dafuer die Lorbeeren anheftete.
Sogar die Kinder verbrachten ihre Zeit mit einem Kindermaedchen, nachlesen kann man das bei Proust. Oder man denke an all das Personal, das die 17-jaehrige Effi Briest zur Seite gestellt bekommt (und mit dem sie gar nicht viel anfangen kann), als sie Innstetten heiratet...
In vieler Hinsicht haben es die Frauen also anno dunnemals besser gehabt als nach der Frauenbewegung. Heute muss man sich bei seiner Putzfrau ja entschuldigen, dass man herumsitzt, waehrend sie putzt. Sie will natuerlich nicht putzen, sondern Germanys Next Flopmodel werden oder Heutschlands Huperstar. Wenn sie mal Kinder hueten soll, erwischt man sie nachts um elf mit ebendiesen vor dem Plasmabildschirm, ebendiese Volksverdummung mit Dieter B. schauend. Also sagt man, sorry, ich habe demnaechst ein paar Tage frei und kuemmere mich alleine um den Haushalt und die Kinder...Und wird zu eben dieser HAPPY HAUSFRAU aus der Werbung...In der Phantasie! In Wirklichkeit schafft man gerade mal die Fussboeden zu wischen an einem Tag, dann ist man schon kaputt, schreit die Kinder an und traeumt vom SPA - ALLEINE! Dann folgt unmittelbar das schlechte Gewissen, weil man so weit entfernt von dem Ideal der oben Beschriebenen ist...Ein Teufelskreis! Wie sagte mir neulich eine bekannte Hausfrau, meinen Flur besichtigend: "Was sind das denn alles fuer Buecher hier, die kannst du doch verkaufen!"
Liebe Hausfrauen, ich mache mich nicht ueber euch lustig, falls mal eine dies hier lesen sollte (die meisten haben sicher niemals Zeit dazu), nein, ich bewundere euch! Allerdings duerft ihr das Zitat von Desiree Nick nicht vergessen: Auf eurem Grabstein wird nicht stehen, dass euer Flur immer sauber geputzt war...
Und jetzt muss ich meine Theaterkarten fuer heute Abend abholen: Der Gott des Gemetzels (Von Yasmina Reza, die ich sehr schaetze), der Titel ist Zufall, wie ueberhaupt die ganze Geschichte hier...