NACHLESE
So, nun ist rausgekommen, dass Amy Winehouse (über die ich mir bis zu ihrem Tod sehr wenig Gedanken gemacht habe, ja, bis vor einem Jahr KANNTE ich sie nicht einmal. Ein älterer Bekannter hat mich auf sie aufmerksam gemacht:
"Das ist die, die sich immer so verrückt schminkt, diese Verrückte") gar keinen Selbstmord begangen hat, sondern womöglich an Herzversagen gestorben ist.
Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof beerdigt.
Nun ja, ihr Vater meinte also, sie wäre dort, wo sie jetzt ist, glücklicher, als sie es auf der Erde je hätte sein können.
Er versuchte auf der Beerdigung auch, "witzig" zu sein und hatte schon 2007 oder so eine Grabrede für seine Tochter vorbereitet, da gings ihr auch schon schlecht.
Sie hatte nämlich Borderline.
Ach so.
Auch derartige Geisteskrankheiten und psychische Auffälligkeiten wie Depression und Borderline, auch Demenz und Alzheimer sind - genau wie Krebs - in Afrika kaum anzutreffen.
Über den Massenmörder von Norwegen habe ich erfahren, dass sein Vater "seit 1995 nicht mit ihm gesprochen hat". Und er wolle ihn nie mehr wiedersehen, ließ er verlauten. Die Eltern hätten sich schon kurz vor oder nach seiner Geburt getrennt.
Hätte dieser Mann durch ein irgendwie geartetes Verhältnis zu seinem Sohn den Massenmord nicht vielleicht verhindern können?
War es vielleicht ein innerer Hass auf die fehlende Vaterfigur?
All das sind selbstverständlich Spekulationen, aber ich bin sicher, dass jetzt wieder Diskussionen ausgelöst werden über Atten- oder Gewalttäter, die eine unglückliche Kindheit hatten oder die ein erhöhtes Geltungsbedürfnis haben.
Doch was bringen diese Erklärungen den Opfern?
Nach dem Tod von O. Bin Laden geriet ich in eine solche Diskussion mit jemandem, der den "Top-Terroristen" nicht einseitig verurteilen wollte, sondern versuchte, dessen Motive zu verstehen. Es existieren sogar philosophische Theorien, die die Existenz des Bösen negieren wollen und alles auf Defekte der Gesellschaft zurückzuführen versuchen. Doch den Opfern hilft dies ebenfalls wenig.
Es scheint eine große Einsamkeit zu sein, die in unserer Gesellschaft solche Todesfälle, Selbstmorde auf Raten und Attentate hervorbringt.
Zumindest die Attentäter von Norwegen oder deutscher Schulmassaker waren äußerst isolierte Menschen, die in ihrer eigenen Welt lebten.
Auch dies ist im kommunikationsfreudigen Afrika kaum möglich, weil ständig mit jedem über alles geredet wird und man sich nicht auf diese Weise abkapseln kann.
Es ist sehr aufschlussreich, beide Gesellschaften in dieser Hinsicht zu vergleichen.
Wenn ihr auch Gedanken oder Anregungen zu dem Thema habt, lasst etwas von euch hören.
Schönen Sommer wünscht
c.s.