OLLE FREUNDE
Sorry, liebe Leser,
wenn ich euch so selten mit Neuigkeiten kommen kann, doch
das ist auch a weng Programm
erst muss ja alles reifen
bevor es fruchtet dann (usw.)
Treffen mit alten Freunden enden ja meist in Katastrophen, erzählte mir eine langjährige Freundin, die irgendwann von der Diva zur Familienmutter wurde.
Eigentlich ist sie noch Diva, aber das nimmt ihr mit vier kleinen Kindern fast niemand mehr ab, außer mir zum Beispiel.
Und ich kenne sie fast dreißig Jahre.
Ihre Ex-Verehrer sind heute fast alle um die fünfzig.
Manche hat sie wiedergetroffen, aber immer nur einmal.
Entweder haben die angesichts der Kinderschar die Flucht ergriffen oder sie waren langweilig geworden - eventuell waren die früher schon langweilig und man hat sie sich schöngetrunken, meinte Bettina (Name von der Redaktion geändert).
Ähnliche Erfahrungen hat die Schriftstellerin Manuela Reichardt in ihrem interessanten, aber deprimierenden Buch "Zehn Minuten und ein ganzes Leben" geschildert, sowas von deprimierend!
Bevor man sich also mit Ex-Verehrern trifft und ein unschönes Erlebnis riskiert, sollte man, wenn man nicht gerade zu den Wahrheitsfanatikern gehört, die unbedingt die Vergangenheit nochmal umschreiben wollen, es mit einem Rendezvous mit alten Freunden aus der Literatur probieren.
Hier könnte die Begegnung angenehmer sein, da es nie eine in der Realität der Realität, sondern nur eine in der Realität des Romans gab, den die Herren (oder auch Damen, bitte verzeiht die ER-Form in diesem Artikel, denkt euch die weibliche Form einfach hinzu)geschrieben haben.
Ich jedenfalls bevorzuge solche Treffen und landete letzte Woche bei Georg Klein, der heuer eine Gastdozentur an unserer Uni innehat.
Witzig! (Die Studenten schrieben allerdings bloß mit, lachten bei den elegant eingestreuten Witzen nie oder nur vereinzelt, bei denen ist Literatur wahrscheinlich bloß Arbeit)
Er las nach Vorwarnung, man könne doch jetzt noch den Raum verlassen, er würde es auch nicht verraten, zehn Seiten aus seinem neuen Roman über Marsmenschen.
Georg Klein ist eine Mischung aus Germanist und Schriftsteller, was ihn für eine Dozentur geeignet macht.
Die Vorlesung war trotzdem viel lebendiger als so manche Germanisten-Vorstellung.
Ihn kenne ich schon lange aus Funk und Fernsehen, aus Zeitungen und Büchern, er zählt zu den bekanntesten deutschen Autoren der Gegenwart.
Die Art, alles in einer Phantasiewelt spielen zu lassen, die keinen Rückbezug auf die Wirklichkeit hat, ist zwar nicht so mein Ding, aber ein Trend oder eine Richtung.
Sybille Lewitscharoff, die Schwester des gleichnamigen Michael, mit dem ich 1990 in seiner Berliner Werbeagentur ein sehr nettes Interview führte, und dem sie früher als Buchhalterin geholfen hat, tut ein Gleiches.
Sie hat auch eine Dozentur, in Köln.
Nun habe ich doch noch eine weibliche Figur als Ausgleich gefunden, und Verehrern wie Verehrerinnen der Literatur eine gute Vorlage geliefert!
Diven, verabredet euch mit der Literatur, nicht mit ollen Ex-Verehrern!
Schaumige Adventszeit!